CeBIT ’09

Ich bin am Samstag auf der CeBIT gewesen und habe einige interessante Erfahrungen machen können.

Angefangen habe ich meinen Rundgang in Halle 6 bei CACert, wo ich mich als Assurer betätigt habe und auf mögliches Fehlverhalten von älteren Assurern getestet wurde. Dort habe ich auch erfahren, dass der Firefox wohl endlich noch in diesem Jahr CACert-Zertifikate als vertrauenswürdig einstuft.

Interessantes gab es dann auch im Future-Park bei der Bundesregierung. So war ich am Stand des elektronischen Personalausweises, ein Mitarbeiter des Innenministeriums in Erklärungsnot kam. Ich habe die Frage gestellt, wie der elektronische Personalausweis  die Terrorismusbekämpfung verbessert, was Herr Schäuble ja immer wieder beworben hat, wenn die Attentäter vom 11.09.01 mit ganz legalen Pässen ins WTC geflogen sind. Die Antwort war dann, „Ich bin mit meinem obersten Chef auch nicht immer einer Meinung“. Sehr schön 😀

Ein aufschlussreiches Gespräch hatte ich dann fünf Meter weiter, wo mich ich mit einer Frau Stach (ebenfalls vom BMI) über DE-Mail gesprochen habe. Gut fand ich, dass sie trotz teilweise erheblicher, aber sachlich vorgetragener Kritik, freundlich geblieben ist, und meinen Fragen nicht ausgewichen ist. Besonders erschreckend fand ich folgenden Aspekt, der mir bis dato gar nicht bekannt war:
Als ich sie fragte, ob man noch von sicherer Verschlüsselung reden könne, wenn die Provider verpflichtet sind, die Schlüssel an Ermittlungsbehörden rauszugeben, sagte sie, die Provider würden die Nachricht erst selber entschlüsseln und dann die unverschlüsselte Nachricht weiterleiten; der Schlüssel würde den Provider ja nie verlassen. Da habe ich nochmal nachgefragt, ob es denn wirklich nur diesen einen Schlüssel gibt und bekam die Antwort, dass in der Tat alle Mails aller DE-Mail-Konten eines Providers mit dem gleichen Schlüssel verschlüsselt werden. Dies habe ich stark kritisiert, schließlich genügt es hier einen Schlüssel zu knacken um z.B. alle 20 Mio Telekom-DE-Mail-Konten zu entschlüsseln. Sie sagte, sie würde den Vorschlag, für jeden Kunden einen eigenen Schlüssel zu erzeugen, in die Diskussion einbringen, sehe aber technische Schwierigkeiten auf Grund der Menge der zu verwaltenden Schlüssel.
Mal sehen was daraus wird. Hier muss aber unbedingt mehr Aufklärung kommen. Vielleicht schaffe ich es, einen Antrag auf dem nächsten Juli-LaKo dazu zu schreiben. Das Bürgerportalgesetz ist für mich zumindest so nicht tragbar.

Bei Microsoft konnte man dann auf einer Windows 7 Präsentation noch live einen Bluescreen of Death sehen, das war lustig, aber – da Win7 noch Beta ist – keine Schande.

Alles in allem fand ich die Messe diesmal deutlich interessanter, da ich mir weniger irgendwelche Computerhardware angeguckt habe, sondern mehr mit Ausstellern diskutiert habe.

10 Argumente gegen Internetzensur

Endlich habe ich es geschafft, meine 10 Punkte stehen. Hierfür möchte ich mich auch bei Matthias Schulze, Mitarbeiter von Christoph Waitz MdB, bedanken, der mich bei der Finalisierung des Textes unterstützt und mit Informationen versorgt hat.

Internetzensur als Maßnahme zur Bekämpfung von Kinderpornographie?

Kinderpornographie als Form der Kindesmisshandlung steht in Deutschland zu Recht unter Strafe. Wirkungsvolle Handlungen gegen Kindesmissbrauch dürften daher im Interesse der Bürger sein. Die Maßnahmen der Internetzensur, die Frau von der Leyen und Herr Dr. Schäuble planen, halte ich für wirkungslos und demokratiegefährdend und lehne sie daher aus folgenden Gründen ab:

1.) Grundsätzlich ist das Internet kein Medium, das man einfach zensieren kann, da es aus dem Kollektiv entsteht. Das Internet wurde vor dem Hintergrund des Kalten Krieges als Netzwerk geschaffen, dass im Falle eines Ausfalls von Knotenpunkten (nach damaliger Vorstellung z.B. durch einen Nuklearschlag) trotzdem in der Lage ist, die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Versperrt man also einen Weg, so kommen die Informationen eben über einen anderen Kanal. Dies funktioniert auch heute sehr zuverlässig!

2.) Die von Frau von der Leyen angestrebte Sperrung von Domainnamen (von ihr als “Access-Blocking” bezeichnet) kann ebenfalls umgangen werden. Zunächst möchte ich kurz den technischen Hintergrund zu dieser Form der Blockade erläutern:

Damit sich Computer in einem Netzwerk wie dem Internet finden können, bekommen sie sogenannte IP-Adressen (vergleichbar mit einer Hausnummer). Aktuell bestehen diese Nummern aus vier Ziffernblöcken aus dem Bereich zwischen 0 und 255 (z. B. 217.79.215.140). Für den Menschen sind diese Nummern oft nicht leicht zu merken, darum gibt es das “Domain Name System”, dass auf hierfür zuständigen Computern (den DNS-Servern) Paare von IP-Adressen und “Domains” speichert. Domains sind die geläufigen Internetadressen in Textform wie zum Beispiel “www.bundestag.de”. Will man nun eine beliebige Information von einem anderen Computer erhalten, von dem man nur die Textadresse, die Domain, kennt, so wird in der Regel ganz automatisch und nebenbei im Hintergrund der zuständige DNS-Server nach der eigentlichen IP-Adresse des Zielcomputers befragt und mit dieser kann dann die Verbindung aufgebaut werden. In Deutschland werden diese zuständigen DNS-Server vor allem von den Internet-Service-Providern wie T-Online, Arcor oder 1&1 gestellt und der Kunde benutzt normalerweise ganz automatisch den DNS-Server seines Providers.

Was genau ist jetzt Access Blocking? Frau von der Leyen stellt sich nun vor, dass die deutschen Internetdienstanbieter (ISPs) einfach die Domains von Seiten mit kinderpornographischem kinderpornographischen Inhalten aus den DNS-Servern löschen und für die Zukunft sperren.
Es gibt allerdings zwei relativ einfache Wege, um diese Sperre zu umgehen:
Erstens kann man einfach die IP-Adresse des Zielcomputers direkt aufrufen, sofern man sie kennt.
Sollte das nicht der Fall sein, kann man zweitens immer noch einfach einen anderen DNS-Server (im Zweifelsfall außerhalb von Deutschland) nach der Adresse des Zielcomputers fragen. Dies geht z.B. unter Windows XP sehr schnell mit lediglich sechs Klicks.
Es ist also offensichtlich, dass diese Form der Sperre einen Interessierten nicht vom Zugriff abhalten kann. Die Sperre schützt also nur den normalen Otto-Normalverbraucher davor, aus Versehen auf solche Seiten zu stoßen, die er aber eh nicht sehen wollen und wahrscheinlich auch sofort schließen würde.

3.) Mit der Einführung einer Zensur-Infrastruktur ist es problemlos möglich auch ganz andere Inhalte zu zensieren. Die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt, dass die Begehrlichkeiten sehr schnell in alle Richtungen gehen, wenn man erst mal angefangen hat. Die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt auch, dass mit der Zeit immer mehr Themengebiete der Zensur unterworfen werden.

4.) Es ist keine demokratische Kontrolle der Filterliste geplant. Das BKA kann also beliebige Seiten filtern lassen. Sollte also eine gesetzliche Regelung für Internetzensur geschaffen werden, so muss eine unabhängige Institution die Sperrliste des BKAs kontrollieren.

5.) Die Provider, die eigentlich Netzneutralität gewährleisten und alle Inhalte gleich behandeln sollen, werden zu Hilfssheriffs gemacht.

6.) Zensur ist für die Bevölkerung so etwas wie “kollektives Weggucken”. Allerdings wird wahrscheinlich kein Kind auf dieser Welt dadurch geschützt, dass deutsche Otto-Normalverbraucher sie im Internet nicht mehr aus Versehen nackt sehen. Wie gesagt, nur weil man es nicht sieht, heißt es nicht, dass es nicht passiert.

7.) Vor einiger Zeit hat ein Blogger (http://scusiblog.org/?p=463) eine bekannt gewordene Sperrliste aus Finnland untersucht und festgestellt, dass 96% der Server, die auf diesen Listen stehen, in westlichen Staaten wie den USA oder Deutschland stehen. Statt dem Volk zu verbieten die Inhalte dieser Server anzugucken sollte man lieber die Server selbst vom Netz nehmen und zurückverfolgen, wer die Inhalte auf diesen Servern veröffentlicht. Schließlich müssen diese meist angemieteten Computer auch bezahlt werden und über die Finanzströme kommt man so vielleicht sogar an die Verbrecher, die die Inhalte (Fotos, Videos) erstellen.

8.) Sogar der Wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestags hat in einem Gutachten festgestellt, dass eine Internetzensur nicht sinnvoll ist. Wenn die Bundesregierung schon nicht auf externe Fachleute hört, dann doch bitte wenigstens auf die eigenen!

9.) Zensur verändert nichts, sondern vertuscht nur. Auch wenn in China Begriffe wie “Demokratie” oder “Menschenrechte” zensiert werden, leben wir demokratisch und verteidigen die Menschenrechte. Auch wenn in Finnland einige Kinderporno-Webseiten gesperrt sind, werden täglich Kinder misshandelt. Zensur ist also kein Mittel um Dinge zu verändern, sondern nur um die Realität auszublenden.

10.) Das Internet ist ein internationales Medium. Eine rein nationale Regelung macht also schon prinzipiell keinen Sinn, da gesperrte Inhalte immer noch von anderen Orten auf diesem Planeten abgerufen werden können.

Hiermit möchte ich nochmal ausdrücklich betonen, dass ich nicht den Kampf gegen Kindesmisshandlung zu pornographischen Zwecken kritisiere. Dieser ist wichtig und sollte auch im Interesse aller demokratischen Parteien sein. Das Problem ist, dass der Kampf gegen Kinderpornographie hier zum einen mit einer völlig ungeeigneten, eventuell sogar kontraproduktiven und noch dazu demokratisch höchst fragwürdigen Maßnahme geführt werden soll.

Kinderporno Insider berichtet…

Als heute morgen mein Thunderbird aufpiepte und News von Fefes Blog meldete, war darunter ein Beitrag zum Thema Kinderpornographie. Zunächst dachte ich bei dem Titel an den Fall, der auch auf Heise zu lesen war, bei dem ein Polizist unter Vorwand von angeblichem Kinderpornographie-Fund Leute erpresst hat. Doch was im zweiten Teil dieses Blogeintrags verlinkt war, hat mir echt die Sprache verschlagen.

Ein anonymer Kinderporno-Insider hat dem Betreiber vom Scusiblog eine eMail geschrieben, in der er über Details aus der Szene berichtet.

Ich hab eben direkt nach dem Lesen in den Spiegel geschaut und war kreidebleich… der Text ist sehr lang und sehr hart. Man muss das ganze wohl erstmal aus einer gewissen Distanz betrachten um seine Schlüsse daraus zu ziehen. Mal sehen, was ich für ein Bild davon habe, wenn ich erst mal eine Nacht darüber geschlafen habe.

Aber macht euch selbst ein Bild davon…

Arbeitsgruppe ‚Access Blocking‘ offensichtlich beratungsresistent

Wie ODEM.blog und Netzpolitik.org berichten ist die Arbeitsgruppe ‚Access Blocking‘ erneut zusammengekommen.

Passend zur Aussage von Frau Ilse Falk MdB, dass Kritik an Internetzensur verantwortungslos sei, wurde auch diesmal versucht eine Diskussion zu unterbinden:

Als Providervertreter zu Beginn des Termins den potenziellen Eingriff in das Grundrecht des Telekommunikationsheimnisses ansprachen, versuchte die in der AG federführende Vertreterin des BMFSFJ, Frau Dr. Annette Niederfranke, eine entsprechende Diskussion zu unterbinden, was die Provider ablehnten.

Und so was nennt sich Demokratie?

Naja, am 20.02. trifft sich die Arbeitsgruppe wieder. Vielleicht hilft es ja, die Oppositionsparteien mit Argumentationshilfen auszustatten.

Ich habe mich heute an die in diesem Bereich zuständige FDP-Abgeordnete Ina Lenke gewandt und ihr meine Argumente zugeschickt. Hätte ich noch ein weiteres gutes Argument, könnte man eine medienwirksames „10 Punkte Papier gegen Internetzensur“ veröffentlichen.
Hat jemand noch ein 10. Argument für meine Liste, das nicht nur eine Wiederholung von bereits genanntem ist? Ich weiß grad nicht weiter :/

Argumente gegen Internetzensur

EDIT: Den Text habe ich jetzt in einem neueren Blogeintrag gepostet.

Weitere Argumente nehme ich aber immer noch gerne in diese Liste auf!

Auf netzpolitik.org findet man übrigens noch einen guten Kommentar zu diesem Thema.
Auch der Chaos Computer Club veröffentlichte dazu eine interessante Pressemitteilung.