10 Argumente gegen Internetzensur

Endlich habe ich es geschafft, meine 10 Punkte stehen. Hierfür möchte ich mich auch bei Matthias Schulze, Mitarbeiter von Christoph Waitz MdB, bedanken, der mich bei der Finalisierung des Textes unterstützt und mit Informationen versorgt hat.

Internetzensur als Maßnahme zur Bekämpfung von Kinderpornographie?

Kinderpornographie als Form der Kindesmisshandlung steht in Deutschland zu Recht unter Strafe. Wirkungsvolle Handlungen gegen Kindesmissbrauch dürften daher im Interesse der Bürger sein. Die Maßnahmen der Internetzensur, die Frau von der Leyen und Herr Dr. Schäuble planen, halte ich für wirkungslos und demokratiegefährdend und lehne sie daher aus folgenden Gründen ab:

1.) Grundsätzlich ist das Internet kein Medium, das man einfach zensieren kann, da es aus dem Kollektiv entsteht. Das Internet wurde vor dem Hintergrund des Kalten Krieges als Netzwerk geschaffen, dass im Falle eines Ausfalls von Knotenpunkten (nach damaliger Vorstellung z.B. durch einen Nuklearschlag) trotzdem in der Lage ist, die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Versperrt man also einen Weg, so kommen die Informationen eben über einen anderen Kanal. Dies funktioniert auch heute sehr zuverlässig!

2.) Die von Frau von der Leyen angestrebte Sperrung von Domainnamen (von ihr als “Access-Blocking” bezeichnet) kann ebenfalls umgangen werden. Zunächst möchte ich kurz den technischen Hintergrund zu dieser Form der Blockade erläutern:

Damit sich Computer in einem Netzwerk wie dem Internet finden können, bekommen sie sogenannte IP-Adressen (vergleichbar mit einer Hausnummer). Aktuell bestehen diese Nummern aus vier Ziffernblöcken aus dem Bereich zwischen 0 und 255 (z. B. 217.79.215.140). Für den Menschen sind diese Nummern oft nicht leicht zu merken, darum gibt es das “Domain Name System”, dass auf hierfür zuständigen Computern (den DNS-Servern) Paare von IP-Adressen und “Domains” speichert. Domains sind die geläufigen Internetadressen in Textform wie zum Beispiel “www.bundestag.de”. Will man nun eine beliebige Information von einem anderen Computer erhalten, von dem man nur die Textadresse, die Domain, kennt, so wird in der Regel ganz automatisch und nebenbei im Hintergrund der zuständige DNS-Server nach der eigentlichen IP-Adresse des Zielcomputers befragt und mit dieser kann dann die Verbindung aufgebaut werden. In Deutschland werden diese zuständigen DNS-Server vor allem von den Internet-Service-Providern wie T-Online, Arcor oder 1&1 gestellt und der Kunde benutzt normalerweise ganz automatisch den DNS-Server seines Providers.

Was genau ist jetzt Access Blocking? Frau von der Leyen stellt sich nun vor, dass die deutschen Internetdienstanbieter (ISPs) einfach die Domains von Seiten mit kinderpornographischem kinderpornographischen Inhalten aus den DNS-Servern löschen und für die Zukunft sperren.
Es gibt allerdings zwei relativ einfache Wege, um diese Sperre zu umgehen:
Erstens kann man einfach die IP-Adresse des Zielcomputers direkt aufrufen, sofern man sie kennt.
Sollte das nicht der Fall sein, kann man zweitens immer noch einfach einen anderen DNS-Server (im Zweifelsfall außerhalb von Deutschland) nach der Adresse des Zielcomputers fragen. Dies geht z.B. unter Windows XP sehr schnell mit lediglich sechs Klicks.
Es ist also offensichtlich, dass diese Form der Sperre einen Interessierten nicht vom Zugriff abhalten kann. Die Sperre schützt also nur den normalen Otto-Normalverbraucher davor, aus Versehen auf solche Seiten zu stoßen, die er aber eh nicht sehen wollen und wahrscheinlich auch sofort schließen würde.

3.) Mit der Einführung einer Zensur-Infrastruktur ist es problemlos möglich auch ganz andere Inhalte zu zensieren. Die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt, dass die Begehrlichkeiten sehr schnell in alle Richtungen gehen, wenn man erst mal angefangen hat. Die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt auch, dass mit der Zeit immer mehr Themengebiete der Zensur unterworfen werden.

4.) Es ist keine demokratische Kontrolle der Filterliste geplant. Das BKA kann also beliebige Seiten filtern lassen. Sollte also eine gesetzliche Regelung für Internetzensur geschaffen werden, so muss eine unabhängige Institution die Sperrliste des BKAs kontrollieren.

5.) Die Provider, die eigentlich Netzneutralität gewährleisten und alle Inhalte gleich behandeln sollen, werden zu Hilfssheriffs gemacht.

6.) Zensur ist für die Bevölkerung so etwas wie “kollektives Weggucken”. Allerdings wird wahrscheinlich kein Kind auf dieser Welt dadurch geschützt, dass deutsche Otto-Normalverbraucher sie im Internet nicht mehr aus Versehen nackt sehen. Wie gesagt, nur weil man es nicht sieht, heißt es nicht, dass es nicht passiert.

7.) Vor einiger Zeit hat ein Blogger (http://scusiblog.org/?p=463) eine bekannt gewordene Sperrliste aus Finnland untersucht und festgestellt, dass 96% der Server, die auf diesen Listen stehen, in westlichen Staaten wie den USA oder Deutschland stehen. Statt dem Volk zu verbieten die Inhalte dieser Server anzugucken sollte man lieber die Server selbst vom Netz nehmen und zurückverfolgen, wer die Inhalte auf diesen Servern veröffentlicht. Schließlich müssen diese meist angemieteten Computer auch bezahlt werden und über die Finanzströme kommt man so vielleicht sogar an die Verbrecher, die die Inhalte (Fotos, Videos) erstellen.

8.) Sogar der Wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestags hat in einem Gutachten festgestellt, dass eine Internetzensur nicht sinnvoll ist. Wenn die Bundesregierung schon nicht auf externe Fachleute hört, dann doch bitte wenigstens auf die eigenen!

9.) Zensur verändert nichts, sondern vertuscht nur. Auch wenn in China Begriffe wie “Demokratie” oder “Menschenrechte” zensiert werden, leben wir demokratisch und verteidigen die Menschenrechte. Auch wenn in Finnland einige Kinderporno-Webseiten gesperrt sind, werden täglich Kinder misshandelt. Zensur ist also kein Mittel um Dinge zu verändern, sondern nur um die Realität auszublenden.

10.) Das Internet ist ein internationales Medium. Eine rein nationale Regelung macht also schon prinzipiell keinen Sinn, da gesperrte Inhalte immer noch von anderen Orten auf diesem Planeten abgerufen werden können.

Hiermit möchte ich nochmal ausdrücklich betonen, dass ich nicht den Kampf gegen Kindesmisshandlung zu pornographischen Zwecken kritisiere. Dieser ist wichtig und sollte auch im Interesse aller demokratischen Parteien sein. Das Problem ist, dass der Kampf gegen Kinderpornographie hier zum einen mit einer völlig ungeeigneten, eventuell sogar kontraproduktiven und noch dazu demokratisch höchst fragwürdigen Maßnahme geführt werden soll.

Arbeitsgruppe ‚Access Blocking‘ offensichtlich beratungsresistent

Wie ODEM.blog und Netzpolitik.org berichten ist die Arbeitsgruppe ‚Access Blocking‘ erneut zusammengekommen.

Passend zur Aussage von Frau Ilse Falk MdB, dass Kritik an Internetzensur verantwortungslos sei, wurde auch diesmal versucht eine Diskussion zu unterbinden:

Als Providervertreter zu Beginn des Termins den potenziellen Eingriff in das Grundrecht des Telekommunikationsheimnisses ansprachen, versuchte die in der AG federführende Vertreterin des BMFSFJ, Frau Dr. Annette Niederfranke, eine entsprechende Diskussion zu unterbinden, was die Provider ablehnten.

Und so was nennt sich Demokratie?

Naja, am 20.02. trifft sich die Arbeitsgruppe wieder. Vielleicht hilft es ja, die Oppositionsparteien mit Argumentationshilfen auszustatten.

Ich habe mich heute an die in diesem Bereich zuständige FDP-Abgeordnete Ina Lenke gewandt und ihr meine Argumente zugeschickt. Hätte ich noch ein weiteres gutes Argument, könnte man eine medienwirksames „10 Punkte Papier gegen Internetzensur“ veröffentlichen.
Hat jemand noch ein 10. Argument für meine Liste, das nicht nur eine Wiederholung von bereits genanntem ist? Ich weiß grad nicht weiter :/

Argumente gegen Internetzensur

EDIT: Den Text habe ich jetzt in einem neueren Blogeintrag gepostet.

Weitere Argumente nehme ich aber immer noch gerne in diese Liste auf!

Auf netzpolitik.org findet man übrigens noch einen guten Kommentar zu diesem Thema.
Auch der Chaos Computer Club veröffentlichte dazu eine interessante Pressemitteilung.

Warum De-Mail Quatsch ist

Dass unsere derzeitige Bundesregierung eher zur Spezies „Internetausdrucker“ gehört, ist so weit nichts neues.

Ihre neuste Creation? De-Mail

Mit einem De-Mail Account, den man sich bei zertifizierten Providern meist gegen Geld einrichten kann, soll sichere Kommunikation mit den Behörden gewährleistet werden. Dazu werden die Mails vom Provider verschlüsselt und mit einer Signatur versehen.

Hier meine Gründe, warum dieses Projekt Schwachsinn ist:

1.) Die Mail wird vom Provider verschlüsselt
Statt mir die Hoheit über die verwendeten Schlüssel zu geben, verschlüsselt der Provider. Welchen Schlüssel er verwendet, darauf hat man als Bürger keinen Einfluss.

2.) Der Staat soll Mails entschlüsseln können
Die De-Mail kommt gleich mit einer staatlichen Abhörschnittstelle. Sogar eine Manipulation der Mail ist dann nicht mehr nachzuweisen, da auch eine neue Signatur mit diesem Schlüssel erstellt werden kann. Für mich alles andere als vertrauenswürdig! Man macht hier den Bock zum Gärtner!

3.) Wir Private können das besser!
Mit S/MIME Zertifikaten z.B. von CACert oder PGP Varianten wie GnuPG kann man heute schon sicher kommunizieren und hat die Schlüssel selber in der Hand. Wenn diese Form der Signaturen von den Behörden einfach mal aktzeptiert würde, dann wäre diese enorme Verschwendung von Steuergeldern für die De-Mail nicht nötig!

Nach Berechnungen des Bundesinnenministeriums soll De-Mail jährlich zwischen 1 Milliarden und 1,5 Milliarden Euro einsparen, die sonst für den Versand ausgegeben werden. – heise.de

4.) Über die Pseudo-Sicherheit der De-Mail wacht das BSI
Passend dazu soll das BSI ja auch mit neuen Schreckens-Instrumenten ausgestattet werden. In einem Abwasch will die Bundesregierung, dass Google oder StudiVZ in Zukunft Nutzerprofile ihrer User generieren dürfen um dann das Klickverhalten zur Terrorabwehr zu benutzen. Mir macht das nur noch Angst!

5.) Dieser Unsinn soll auch noch Geld kosten
Provider von De-Mail sollen ihren Nutzern ein „ePorto“ für jede Mail abverlangen dürfen. Dazu fällt mir nichts mehr ein. Offensichtlich hat die Bundesregierung das Internet nicht verstanden.

6.) Wie ich auf der CeBit erfahren habe, soll der Provider alle DE-Mail Konten mit einem einzigen Schlüssel verschlüsseln. Wenn dann mal zufällig jemand den Telekom-Schlüssel in der Hand hat… gute Nacht.

Hier noch ein paar Links zum selberlesen und selberdenken:
Seite mit Fragen und Antworten zur De-Mail
Gesetzestext zu Bürgerportalen